Solidarität mit dem Ateneo Enciclopédico Popular Barcelona
– Vierzig Jahre Kultur von unten –
Das Ateneo Enciclopédico Popular (Volksbildungsverein) wurde 1902 von zwei Arbeitern, Eladi Gardó und Josep Tubau, und dem Studenten Francesc Layret in dessen Wohnung in Barcelona gegründet.
Später verlegte der Verein seinen Sitz in die Straße Carme, Nr. 30, wo er das Erdgeschoss und vier weitere Etagen mit jeweils 100m2 belegte. Außerdem verfügte er noch über eine weitere Wohnung in der Puertaferissa-Straße, eine Villa in La Molina (Pyrenäen) und ein Grundstück an den Ramblas, Ecke Pintor Fortuny-Straße.
Mit mehr als 25.000 Mitgliedern besaß der Verein eine wichtige Bibliothek und
verschiedene Sektionen, wo die Arbeiter ihren Aktivitäten nachgingen. Es war ein Ort, an dem die Arbeiter anspruchsvolle Kultur von unten vorfanden, alternativ zur bürgerlichen (Hoch)Kultur und der von den Arbeitern selbst abhing, da diese ihn mit ihrem Engagement und Beiträgen aufrechterhielten – zusammen mit Studenten und Fachleuten, die ihre Kenntnisse beisteuerten.
 – Illustre Persönlichkeiten –
An dem Ateneo nahm eine große Anzahl von Persönlichkeiten aus unterschiedlichen politischen Richtungen teil oder arbeiten mit diesem zusammen und stellten diesem ihre Fähigkeiten zur Verfügung:
Francesc Layret, Lluis Companys, Ãngel Pestaña, Joan Salvat-Papasseit, Joan Amades, Salvador SeguÃ, Federico GarcÃa Lorca, Margarida Xirgu, Miguel de Unamuno, Francesc Macià , Eugeni d’Ors, Ramiro de Maeztu, Jaume Aiguader, J. Puig i Cadafalch, Andreu Nin …
Das Ateneo organisierte hunderte von Debatten und Vorträgen mit sehr unterschiedlichen
Themen, um die katalanische und Volkskultur zu befördern. Hinzu kamen andere Aktivitäten wie bspw. Poesie-Vorträge oder Ausflüge, Kampagnen zur Verteidigung der Arbeiterrechte, Antikriegs- und Antimilitarismuskampagnen, solche zur Förderung des öffentlichen Erziehungswesens oder der Verbesserung öffentlicher Einrichtungen.
Solidaritätserklärung: Solidarität mit dem Ateneo
– Verbranntes Papier –
Das Ateneo Enciclopédico Popular (AEP) funktionierte in seinen verschiedenen Bereichen bis zum Einmarsch der franquistischen Armee in Barcelona am 26.Januar 1939, wobei sein Sitz das erste nicht institutionelle Gebäude war, das die Truppen unter dem Kommando des Generals Yagüe besetzten. Seine Besitztümer wurden geplündert und die Archive und Bücher wurden auf offener Straße verbrannt. Von diesem Zeitpunkt an und während der fast 40 Jahre währenden blutigen Diktatur hörte das AEP auf zu existieren.
– Die Rückkehr –
1977 wurde das Ateneo wieder eröffnet. Dies wurde durch das Engagement einer kleinen Gruppe ermöglicht, die das Gedenken an diese Institution, an die arbeitende Bevölkerung, wiederaufleben lassen und an die kulturellen und pädagogischen Anstrengungen der Jahre 1902 bis 1939 anküpfen wollte.
Nach einem Brand in dem damaligen Sitz in der Reina Amà lia Straße (1979) ließ sich das AEP in der Straße Montalegre Nr.5 nieder (bis 1991), um danach in den bis heute existieren Sitz in den Boulevard Sant Joan, Nr. 26, um zuziehen, jedoch immer begleitet von prekären Umständen und als Provisorium.
Die Vereinigung zählt heute mehr als 200 Mitglieder und erfüllt eine wichtige Aufgabe in
der Wiederaufarbeitung der Geschichte. Sein Dokumentationszentrum für Sozialgeschichte verfügt über mehr als 12.000 klassifizierte und archivierte Titel und 30.000 Bücher, die zusammen eine unentbehrliche Quelle für alle diejenigen bereit stellt, die sich mit der Geschichte der katalanischen Arbeiterbewegung oder der Kultur von unten in Katalonien beschäftigen. Außerdem organisiert das AEP viele Veranstaltungen im pädogischen und kulturellen Bereich: Vorträge, Diskussionsveranstaltungen, Poesie-Vorträge, Buch- und Dokumentarfilmvorstellungen, Wanderausstellungen über die pädagogischen Anstrengungen von Ferrer i Guà rdia, über die soziale Aufbruchstimmung den 1920iger Jahren oder über die libertäre Presse im Untergrund.
– Das Ateneo Enciclopédico des XXI. Jahrhunderts –
Als die franquistische Diktatur zu Ende ging, war die Wiedergutmachung für die erlittene
Plünderung des AEP eine Frage von elemtarer Gerechtigkeit und verlangte nach einer
schnellstmöglichen Lösung. Heute jedoch (2015), nach nunmehr 40 Jahren seit dem Tod des
Dikatators Franco, ist das AEP auch nicht einmal ansatzweise entschädigt worden, trotz der
zahlreichen unternommen Versuche.
Diese nahmen ihren Anfang in der Regierungszeit von NarcÃs Serra, als dieser
Bürgermeister von Barcelona war und wurden in den folgenden Jahren intensiviert.
Seit dem Jahr 2004 begann das AEP Gespräche mit den Stadträten des Bezirks „Ciutat Vella“
(Altstadt), Carles Marti und Itziar González, und mit dem Hauptverantwortlichen für Archive der Regionalregierung Kataloniens (Generalitat), Ramon Albert. Im Oktober 2006 präsentierte das AEP ein Manifest für die Rückerstattung ihrer Besitztümer an solch bekannten Orten wie das CCCB (Zentrum f. Zeitgenössische Kultur) oder das Ateneo Barcelonés.
Zwei Jahre später versandte das AEP einen Brief an den Bürgermeister von Barcelona, an den Rat f. Kulturelle Angelegenheiten und an den Parlamentspräsidenten von Katalonien, in dem sie ihre Situation und ihre Forderungen darlegten. Dieses Schreiben wurde von dem Lehrkörper der Fakultät f. Zeitgenössische Geschichte an der Universität in Barcelona (UB) unterstützt.
Im Jahr 2009 verschickte das AEP einen Brief an alle im Parlament vertretenen politischen
Parteien. Zuguterletzt wurde auf der Bezirksversammlung des Distrikts „Ciutat Vella“, auf Initiative der Partei ERC (Esquerra Republicana de Catalunya), ein Beschluss gefasst, dem AEP ein endgültiges Lokal mit entprechend ausreichenden Räumlichkeiten zuzuweisen, in dem dieses seinen Aktivitäten nachgehen könne.
Dieser Beschluss wurden von allen politischen Parteien, mit Ausnahme der Volkspartei (PP), die sich enthielt, angenommen. Dieser Beschluss wurde jedoch nie durchgeführt.
– Eine Ungerechtigkeit, die ihrer Aufhebung harrt –
Angesichts der weiter bestehenden Nichterfüllung dieses Beschlusses, stellte das AEP zweimal (2010 und 2011) eine öffentliche Anfrage an die Stadtverwaltung.
Anlässlich der zweiten Anfrage unterzeichneten der (damalige) Bürgermeister Jordi Hereu, im Auftrag und in Vertretung des Rathauses von Barcelona und Manel Aisa Pà mpols, im Namen und im Auftrag des AEP, ein Abkommen über Zusammenarbeit zur Nutzung eines Lokals, in dem präzisiert wird, dass „die Stadtverwaltung von Barcelona, innerhalb von maximal 2 Jahren dem AEP ein Lokal zur Verfügung stellen wird, in dem es dort seinen Sitz einrichten und die ihm entsprechenden Aktivitäten durchführen kann. […] Das Lokal, das dem AEP angeboten werden wird, wird die notwendigen Voraussetzungen erfüllen, damit dort seine Aktivitäten als Kulturvereinigung (Vorträge, Diskussionsveranstaltungen, Poesie-Darbietungen, Ausstellungen, Filmvorführungen, usw.), als Archiv und öffentlicher Konsultationsort durchgeführt werden können. […]Dieses Lokal wird über eine Nutzungsfläche zwischen 750m2 und 1000m2 verfügen müssen. Das Lokal wird mindestns aus einer Erdgeschossetage bestehen müssen“.
– Papier für den Papierkorb –
Trotz aller mit dem Rathaus geführten Gespräche hat dieses jedoch bis zum jetzigen Zeitpunkt kein einziges Lokal angeboten, das den in dem Abkommen niedergelegten Bedingungen entspricht, angeblich, weil es keine entsprechenden verfügbaren Räumlichkeiten gäbe. Dies stellt einen offenkundigen Bruch der Vereinbarung von Seiten der Stadtverwaltung dar, da dem AEP bekannt ist, dass in den letzten Jahren anderen kulturellen Vereinigungen grosszügig bemessene Räumlichkeiten im Viertel „Ciutat Vella“ überlassen wurden. Offenkundig ermangelt es den offiziellen Vetretern in den Institutionen an dem politischen Willen zur Wiedergutmachung an der Ausplünderung des AEP, was durchaus – zumindest teilweise – in ihrer Macht stünde. Insofern zementieren sie damit offen ein begangenes Unrecht.
Deshalb verurteilen wir die Nichterfüllung des Abkommens, das dem AEP und seinem
wertvollen Dokumentenbestand – Zeugnis der Kultur und der Kämpfe der Arbeiterbewegung – zu einem Lokal verhelfen sollte. Aus diesen Gründen haben das AEP und andere Vereinigungen und Persönlichkeiten eine Kampagne gestartet, um Räumlichkeiten für das AEP und für die ganze Stadt Barcelona im Stadteil Raval zu bekommen.
Wie in Can Battló, Can Vies, L’Harmonia oder Segle XX …(*)
Schaffen wir ein Netz von gegenseitiger Unterstützung in ganz Barcelona und
anderswo, um diese historische Ungerechtigkeit wieder gut zu machen
Aus dem Innersten der Stadt, wir werden nicht schweigen!
Erobern wir das Enciclopédico und seinen Geist der Selbstverwaltung und der
Kultur von unten zurück!
(*): Namen von selbstverwalteten Kulturzentren in Barcelona