Buchpräsentation Fr, 23. September 2011 19:00 Herrschaftskritik: Analysen. Aktionen. Alternativen. Hauke Thoroe
Hauke Thoroe
Herrschaftskritik: Analysen. Aktionen. Alternativen.
Seitenhieb-Verlag 2010 ISBN 978-3-86747-038-4, 10 Euro
Von Karl Marx („Diktatur des Proletariats“) über attac und Greenpeace („politicians talk-leaders act“) bis zur Antifa („NPD-Verbot jetzt!“) sind sich alle einig: Der Staat soll handeln. Selbstverständlich als Werkzeug „für das Gute“ in „unser aller Interesse“. Wohin mensch schaut, von Links nach Rechts: Überall derselbe Ruf nach einem möglichst handlungsfähigen Staat, der „es“ richten soll.
Aus einem Schreiben von Hauke Thoroe:
Mich hat es immer wahnsinnig gewurmt, dass es zum Thema „Herrschaftskritik“ eigentlich nur unverständliche Uni-Literatur gibt, und gleichzeitig die Leute, mit denen ich Aktionen mache, regelmäßig mit ihren Argumentationen umfallen, wenn ein Cop mal ein bisschen netter auftritt. Deshalb habe ich auf 174 Seiten versucht, einen kurzen, schnellen, leicht verständlichen Eindruck des Themas zu liefern, ohne dabei allzusehr die Inhalte zu verkürzen. Das Buch ist in vier Kapitel gegliedert:
- Warum Herrschaftskritik?
- Postmoderne Herrschaft
- Der Test mit der Herrschaftsbrille (Herrschaft in linken Zusammenhängen)
- Eine andere Welt ist möglich (gesellschaftliche Alternativen zu Herrschaft)
Aus einer Rezension aus der Graswurzelrevolution:
• Nach dem einführenden Teil, der sich u.a. mit der Geschichte des Phänomens Herrschaft und mit Zusammenhängen zu Eigentumsverhältnissen, Krieg und Sexismus beschäftigt, folgt
• ein Abschnitt über zeitgemäße Herrschaftsmechanismen. Thoroe beschreibt die „Konstruktion des Mythos Nation“ und geht darauf ein wie demokratische Wahlen und moderne Organisationen Herrschaftssysteme stärken oder entstehen lassen.
• Im darauf folgenden Teil werden die Leser_innen eingeladen, das bisherige auf den eigenen politischen Alltag und weitere Themenfelder anzuwenden: ob plenare Strukturen, Konsensverfahren, Demos oder „Wir-Rhetorik“ – nach Thoroe gibt es auch und gerade in politischen Bewegungen versteckte Herrschaftsmechanismen, die es zu hinterfragen gilt.
• Zuletzt werden Alternativen für jede_n Einzelne_n sowie ganze Gesellschaften angedeutet. „Gleiche Handlungsmöglichkeiten für alle“ heißt ein Teilkapitel, das praktisch umsetzbare Tipps enthält. In einem weiteren erläutert der Herausgeber seine Utopie.
Jeden der vier Teile leitet Thoroe mit der Schilderung einer persönlichen Erfahrung ein.
Diese zusätzliche Ebene sorgt für Anschaulichkeit und macht damit die vielfältigen Aspekte und Analysen, mit denen die Lesenden konfrontiert werden, leichter verständlich. Auch in den einzelnen Kapiteln finden sich Beispiele aus dem Leben des Autors. Dies ist authentisch, denn Thoroes Analyse zufolge übt, wer für andere spricht, damit oft schon Herrschaft aus. Die Sachlichkeit des Werkes wird durch diese individuellen Beispiele und den unterhaltsamen Tonfall nicht geschmälert. Der Herausgeber hat gründlich recherchiert und belegt seine Quellen in einem ausführlichen Anmerkungsverzeichnis. Das Buch verfügt zudem über ein Glossar. In den Kapiteln finden sich durchgehende Kästen mit Erklärungen und Hintergründen. Wer Herrschaft sichtbar bzw. unwirksam werden lassen will, findet hier Aktionsideen. Ob ein Angeklagter den schikanösen Kontrollen am Gericht in Frauenkleidern begegnet oder Aktivist_innen ein Wahlkampflotterie durchführen, bei der alle Wahlversprechen sich als Nieten entpuppen – das Buch macht Lust aktiv zu werden.
Und wer nach 170 Seiten noch immer nicht genug hat, findet am Ende jedes einzelnen Teiles eine Übersicht über weiterführende Literatur.